BERLINER PHILATELISTEN-KLUB VON 1888 E.V.


Große Vorlage der 2405. Sitzung vom 19.November 2001


Ein Ausschnitt aus dem Vortrag von Frau Renate Springer:
"Nachrichten- und Transportverbindungen auf sächsischen Straßen
ab Mitte des 14. bis Ende des 19. Jahrhunderts"

(Der komplette Vortrag wird in den Mitteilungen veröffentlicht.)

Gliederung

1.Der erste städtische Botendienst
2.Der erste staatliche Botendienst
3.Die Straßen und Straßenmarkierungen
4.Der Werdegang der Staatsposten
4.1.Personenbeförderung
4.2.Paketförderung
5.Der private Fuhrverkehr

1. Der erste städtische Botendienst

In Sachsen hatte bereits Mitte des 14. Jh. der Transithandel auf den Straßen von Preußen über Leipzig-Freiberg nach Böhmen und aus Franken über Zwickau-Dresden nach Schlesien seine erste Blütezeit erreicht. Bereits 1497 wurde Leipzig das Messeprivileg durch Kaiser Maximilian I verliehen. Durch seine Messen war Leipzig eine bedeutende Handelsstadt geworden. Von Leipzig aus wurden direkte Boten gesandt nach Augsburg, Braunschweig, Berlin (Cölln a.d. Spree), Dresden, Hamburg, Magdeburg, Nürnberg, Prag und Wien. Es waren teils Fußboten, teils reitende Boten. Diese Leipziger Handelsboten schlossen sich zu einer besonderen Zunft zusammen und sicherten sich dadurch verschiedene Rechte und Vergünstigungen. Dieser Botendienst war mit mannigfaltigen Übelständen und Unordnungen behaftet, und so übernahm der Rat der Stadt Leipzig 1590 die Verwaltung. Er bestellte zur Abfertigung der Boten einen Botenmeister und ließ für die Zwecke des Botendienstes ein besonderes Lokal in der Safranwaage einrichten. Der erste städtische Botenmeister hieß Martin Lange.

2. Der erste staatliche Botendienst



Einen staatlichen geregelten Botendienst richteten um 1500 auch Herzog Albrecht der Beherzte (1443 - 1500) und sein Sohn Georg genannt der Bärtige von Sachsen nach Westfriesland ein. Dazu wäre zu sagen, Herzog Albrecht war eine Kämpfernatur und ein treuer Gefolgsmann seines Kaisers Friedrich III. Er schlug sich in seinem Leben mehr für den Kaiser herum, als das er in Sachsen weilte. Deshalb führte er auch den Beinamen der "Beherzte". Als im niederländischen Aufstand der Sohn des Kaisers, der römische König Maximilian gefangengesetzt wurde, schickte der Kaiser Herzog Albrecht zur Befreiung. Maximilian kam kurz darauf frei, aber der niederländische Aufstand ging weiter. Herzog Albrecht wurde zum Statthalter der Niederlande ernannt und übernahm die Oberleitung des Krieges gegen die Empörer in Flandern, Brabant, Holland und Seeland. Der Kaiser schuldete Herzog Albrecht enorme Summen für die Bezahlung der Krieger. Weil der Kaiser das Geld nicht zurückzahlen wollte, ernannte er ihn zum erblichen Potentaten und Gubernator in Westfriesland, den Ommelanden mit Groningen und der Grafschaft Ostfriesland. Die Kurse dieser Nachrichtenverbindung lassen sich aus den Akten im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden nachweisen. (Der Kurs verlief über Quedlinburg, Liebenburg b. Hildesheim und Rotenburg). Auf Dauer war jedoch ein Land, das vom Stammland Sachsen so weit entfernt war, nicht zu halten, und so verkaufte Herzog Georg im Jahre 1515 Friesland für 100.000 Gulden dem späteren Kaiser Karl V. So endete im Frühjahr 1515 der erste sächsische landesherrliche Botenkurs. Noch heute finden wir in Westfriesland Zeugen der kurzen sächsischen Herrschaft in den Straßennamen einiger Städte, z.B. Harlingen und Franeker die "Hertog-van-Sachsenlaan" und in Appingedam die "Georg-van-Saksenlaan". Ich möchte Ihnen nun einen Brief des Herzogs Albrecht des Beherzten von 1489 vorstellen.



Der Brief ist in der im Spätmittelalter üblichen Kursivschrift geschrieben. Diese Schriften sind schwierig zu lesen, weil sie individuell gestaltet wurden und zudem häufig zahlreiche Kürzel enthalten. Wenden wir uns nun der Interpretation des Briefes zu:
Die Unterschriftet lautet:
Albrecht vonn Gots Gnaden Hertzog zu Sachssenn
Landgrave in Duringen und Marggrave zu Meissen

Herzog Albrecht von Sachsen
Stifter der Albertinischen Linie, geb. 1446,
Herzog 1464 - 1500

Als nächstes wäre das Datum des Briefes herauszufinden. Darüber gibt die letzte Zeile des Briefes Aufschluß:

am Sonntag Judica - 6. April anno domini
danach kommt die Jahreszahl in römischen Ziffern.
Aber die römischen Ziffern nicht einzeln geschrieben, sondern in Schreibschrift aneinandergereiht.

LXXXIX - 89
Aus den Lebensdaten von Herzog Albrecht ergibt sich deshalb das Jahr 1489.

Als nächstes wäre herauszufinden, in welchem Ort der Brief geschrieben wurde. Hierüber geben die drei letzten Worte der vorletzten Zeile Auskunft. Es steht da:

geben im Heer
d.h. der Brief wurde im Heerlager geschrieben.

Aus der Jahreszahl und aus der Vita des Herzogs Albrecht ergibt sich nun, daß es ein Heerlager während des niederländischen Aufstandes war.



Kommen wir nun zum Adressaten und Inhalt des Briefes:

Dem Hochgebornnen Fürsten Herrn Wilhelmen Hertzogen zu Gulich und zu Berge etc.
unserem lieben Ohmen und Swager

Herzog Wilhelm von Jülich und Berg (1475 - 1511)

Herzog Albrecht bittet in diesem Brief seinen Oheim und Schwager, einem gewissen Lamprechten Hilfe angedeihen zu lassen. Dieser Lamprecht sollte im Namen des Herzogs Albrecht Geld erbitten, welches Albrecht dringend für seine Soldaten brauchte. Die Kriegsführung zu damaliger Zeit war schwierig, da die Soldaten angeworbene Söldner waren, die zu Unbotmäßigkeit un Meuterei neigten. Herzog Albrecht hatte zu dieser Zeit schon die Krieger hauptsächlich aus seiner eigenen Tasche bezahlt bzw. aus sächsischen Steuerngeldern. Scheinbar war nun der Geldnachschub aus Sachsen nicht rechtzeitig eingetroffen, so daß er sich an seinen Oheim wenden muß, um Geld zu erbitten. Der Brief enthält neben den üblichen Höflichkeitsfloskeln auch die unbedingte Aufforderung, der Oheim möge sich doch "gutwillig ertzaigen", damit würde er auch seine Liebe der königlichen Majestät besonders zeigen. Der Brief wurde vermutlich mit einem Militär-Kurier befördert, der von einem Trupp bewaffneter Leute begleitet wurde, da es ja um einen Geldtransport ging. Das Geld wurde entweder in einer Kiste oder in einem Holzfaß transportiert.



Auf dem Postkurs nach Westfriesland wurden Korrespondenzen des sächsischen Hofes befördert. Da man fürchtete, die Boten könnten abgefangen werden, wurden auch Brief in Geheimschrift verfaßt. Hier sehen sie einen solchen Brief des Herzogs Georg v. 1514.



Und hier dazu die Transkription.



Zum Abschluß noch ein Bild, das Herzog Albrecht als älteren Mann zeigt.